Namens-Deutungen
oder das Problem der "100 Wahrheiten"
Die meisten Zuschriften erhalten wir zum Thema Namensdeutung. Darunter auch
Gegendarstellungen und Fragen nach den Quellen unserer Angaben.
Der Schreibende ist kein Historiker und
auch kein Sprachwissenschaftler. Diesen und all jenen, die sich für das
Thema interessieren, ist diese Spezialseite gewidmet.
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Familienforscher und Lokalhistoriker, die sich mit einem Namen identifizieren,
neigen dazu nach Beweisen für dessen Einmaligkeit zu suchen. Dass er etwas
Besonderes ist! Dazu der Lernprozess des Schreibenden im Rückblick:
- Bis 1994: Er teilt die überlieferte Ansicht,
dass die rund 900 heute lebenden Werlen einen Namen tragen, der aus dem
Wort "Wehrhaft" entstand (wie es auch stolz die beiden Schwerter
im Werlen-Wappen demonstrieren).
- 1994/95: In einer antiquarischen Buchhaltung liest
er im Wörterbuch der Gebrüder Grimm eine wenig
schmeichelhafte Interpretationen seines Familiennamens (Geschwulst auf
dem Augenlid). Er entschliesst sich Nachforschungen anzustellen und wird
fündig (Castrum Werlense werden in einem Bericht über die Sachsenkriege
Karls des Grossen erwähnt ... / ein Anruf im Stadtarchiv der
westfälischen Stadt Werl liefert Literaturhinweise usw.).
Er lernt und wird sich immer mehr bewusst, dass Wörter und Silben je
nach Herkunft oft unterschiedlich gedeutet werden. Dazu kommt, dass nicht
jeder Wörterbuch-Autor jedes Wort gleich interpretiert!
So stehen bald seine Nachforschungen unter dem Motto: "Je mehr ich weiss,
desto weniger weiss ich". Besonders als er noch zur Kenntnis nehmen
muss, dass lange vor den sächsischen Castrum Werlense eine Slawenburg
Werle existierte (In Mecklenburg). Dazu passten dann auch folgende
Kuriositäten:
- Das Buch Die Veneter (ISBN 3-85013-110-6)
von Josef Savli. Der Autor vertritt die These der Alpenslawen (siehe
Titelbild mit angeblich slawischenToponomen im Gebiet von Zermatt).
- Die Theorien gemäss denen bestimmte Alpenbewohner
Charakter und Körpermerkmale mit den Jugoslawen teilen (Die Ausbreitung
der dinarischen Rasse, v. Eickstädt, 1934).
Nun, auch oder besonders in der Ethnologie, Anthropologie und Linguistik,
hat jede Theorie ihre Gegentheorie - und so darf unser Familienforscher
weiterhin die Vorfahren den Alemannen zuordnen!
Schlussendlich standen zur Deutung der Namens-Herkunft 4 Varianten in der
engeren Auswahl:
- WER = Steinwall. LE/LO = freistehende Baumgruppe,
Gehölz, lockere Bewaldung, Grenzwald oder sumpfige nasse Stelle.
Oft ist es auch Endsilbe für Orte, die am Wasser, in Sumpfgebieten,
in Waldlichtungen oder an sogenannten Hellwegen liegen. Das ist kein
Widerspruch, da am Wasser, in Sümpfen oder an den sogenannten
Hellwegen (Erläuterung weiter unten) der dichte Waldbewuchs endet,
resp. in Baumgruppen oder Gehölz übergeht.
- WER = Mensch. LE/LO = dito.
- WERLI = aus WEHRLICH, altdeutsch wahrhaft, aber
auch wehrhaft.
- WERLI = Namensbildung aus
WARIN (auch Werin, später auch Wernin, Wern). Über die Entstehung des
Namens sind mindestens 3 Varianten im Umlauf
- WARIN
= germanisch "wehren"
und "beschützen", aber auch "warnen" und "beachten".
- WARIN
= zum
Germanenstamm der Warnen gehörend (Wernher
= zum Heer der Warnen gehörend).
- WARIN = Germanisierung des lateinischen Vornamens
Guarinus, resp. Quirinus.
Da die Vorfahren des Schreibenden
aus Geschinen oder Ulrichen stammen (beide Orte liegen an einem ehemaligen
Sumpfgebiet), habe ich letztlich Variante
2 bevorzugt. Für die Version 2 sprach auch, dass die Deutung der Silbe
"Wer" analog "Wer-Wolf" international wahrscheinlich am wenigsten Widerspruch
provoziert.
Seit März 2002 sind wir mit der Werlen-Geschichte
im Internet. 2003 hatte unsere Website 28'000 Besucher (IP's).
Am meisten wird unsere Seite in der Mittagspause besucht. Spitzentage
sind der Montag und Dienstag. Die meisten finden uns über Schlüsselwörter,
die sie in Suchmaschinen eingeben. Das häufigste Suchwort ist "Stammbaum",
gefolgt von "Lawinen" und "Kosten Website". Die wenigsten
suchen nach "Werlen" oder haben je davon gehört. Besucher
unserer Website schreiben uns. Besonders im Zusammenhang Namens-Herkunft
erhalten wir uns bisher unbekannte Informationen - die neue Nachforschungen
auslösen.
Dank dieser Entwicklung wissen wir heute mehr. Unsere Deutung Wer-Lo/Wer-Len
kann man als mögliche Variante noch
immer aufrecht halten. Allerdings:
- Der Hinweis auf heilige Haine und Kraftorte wird in
einer zukünftigen Fassung wahrscheinlich wegfallen. Die Existenz der
an diesen Orten angeblich wirksamen Erdstrahlen war schon bisher umstritten.
Jetzt kommt aber noch dazu, dass es offenbar mehrere Glaubensrichtungen
gibt. In unserem Zusammenhang relevant: Einerseits die Anhänger der
Theorie, dass es meditationsfördernde Erdstrahlen gibt und dort wo
sie besonders stark waren, schon Germanen und Kelten ihre Kultplätze
hatten (u.a.in Eichenhainen). Anderseits die Anhänger der Theorie,
dass jede Erdstrahlung für Menschen schädlich ist und das für
verstrahlte Orte u.a. Eichenhaine typisch sind. Was auch immer stimmen
mag, diese Strahlen lassen sich mit naturwissenschaftlich anerkannten Methoden
nicht nachweisen. Wer sich aber den Glauben an die magische Kräfte
der Erde nicht nehmen lassen will, dem sei der Besuch einschlägiger Seminare empfohlen.
- Wie Sie bereits unseren diversen Updates entnehmen
könnten: Wir teilen mit vielen anderen Familien sogenannte
Werl-Namen. In den meisten Fällen entstanden sie aus dem
Werl-Vornamen eines Vorfahren und manchmal auch aus einem Werl-Herkunftsort.
Werl-Vornamen gab es sicher schon im 6. Jh. und wahrscheinlich schon viel
vorher. Deshalb muss angenommen werden, dass auch die meisten Werl-Ortschaften,
Weiler, Höfe und Burgen ihren Namen einem Gründer oder Besitzer
mit Werl-Namen verdanken. Werl-Lokalitäten mit Namen, die noch direkt
der ursprüngliche Deutung entsprechen, dürften selten sein. Zu
diesen würde ich den Wallfahrtsort Werl am Hellweg rechnen (die heutige
Stadt Werl in
Westfalen) und vielleicht auch die ehemalige Kaiserpfalz Werla und
die ehemalige Slawenburg WERLE.
Alte Lokalitäts- und Personen-Namen
wurden in der Regel zuerst nur in lateinisch geschriebenen Dokumenten erfasst.
Man hat dann oft die Namen etwas verändert. Beispiel:
- Werle/Werlo = Bezeichnet
eine Lokalität. Vermutlich Urform (ca. 5.Jh. oder vorher).
- Werl... = Bezeichnet eine Person (ca. 6. Jh. oder
vorher).
- Werl = Lokalitäts u. Personennamen. Vermutlich
Kurzform (9. Jh. oder vorher).
- Erste lateinische Aufzeichnungen ab dem 9. Jh.
Sie erwähnen Lokalitäten oder Menschengruppen, die nach ihrem
Anführer genannt werden. Bei der Übertragung ins Lateinische
wurden u.a. folgende Regeln angewandt:
- Im einfachsten Fall enden sächliche Namen
auf -um, männliche auf -us, und weibliche auf -a = werlum, werlus,
werla.
- Namen mit den Bedeutungen "gehörend
zu, charakteristisch, ähnelnd, abstammend von" erhielten
oft die Endungen -ius, -ia, -ium (Werl = werlius / julius = zugehörig
zum Geschlecht der Julier). Manchmal wurden die Endung -ius auch
als Verkleinerungsform gebraucht oder entstanden dadurch, dass vor
- us der Selbstlaut in ein i verwandelt wurde (Werle = werlius).
- Von einem Namen abgeleitete adjektivische Ergänzungen
enden im einfachsten Fall auf -i = castrum
werli (der Lagerplatz des Werl).
- Von einem Lokalitätsnamen abgeleitete
adjektivische Ergänzungen enden im einfachsten Fall auf -ensis,
sofern das Subjekt männlich oder weiblich und auf -ense, wenn
es sächlich ist = antonius werlensis (Anton von Werl) / castrum
werlense (Burg Werl).
Die erwähnten Regeln gelten nicht immer. Beispiel:
Lokalitätsnamen mit der Endung -ingen sind im Siedlungsgebiet
der Alemannen häufig. Sie entstanden zwischen dem 6. und 9. Jh.
aus den Namen der Anführer siedelnder Menschengruppen. In diesen
und ähnlichen Fallen bedeuten die Endungen -ensis und -ense auch "zu
X gehörend",
Leider kann man sich nicht immer auf diese Regeln verlassen. Grund: Ab
dem 13. Jh. gab es immer mehr Schreiber, aber auch immer mehr solche,
die mit der lateinischen Grammatik auf Kriegsfuss standen. Es geht hier
auch nicht darum, Ihnen diese Regeln zu vermitteln. Sie sollen nur illustrieren,
weshalb alte Orts- und Familien-Namen in so vielen Varianten existieren.
Das wird noch deutlicher, wenn man sich vorstellt, dass aus lateinischen
Aufzeichnungen, dann wieder umgangssprachliche Versionen abgeleitet wurden.
Beispiel:
- allemannisch ...ingen.
- lat. ...ense.
- französisch ...ens / ital. ...engo / deutsch
...enz.
Dieser Vorgang (vom Lateinischen in die Landessprache
und zurück) konnte sich im Verlaufe der Jahrhunderte mehrmals
wiederholen. Häufig wurden dann Kurzformen gebildet, adjektivische
Ergänzungen wurden zu Eigennamen usw. Manchmal entstanden neue
Namens-Varianten auch durch Schreibfehler (Werlen = Wernen, Schreibfehler
in einem Heirats-Register von 1848).
Bei den erwähnten lateinischen und französischen Schreibweisen
ist immer zu beachten, dass die Endungen -en und -len, alternativ auch
aus
deutschprachigen
Diminutiv und Genitiv-Fromen entstanden sein können. Beispiel 1: Vorname
Hans = Hansli, Hansle, Hanslens. Beispiel 2: Vorname Werrinus oder Werin
= Wernin, Wern, Wernli,
Werli, Wernle, Wernlen***, Werlin.
***
|
Der wahrscheinliche Stammvater der
Gommer Werlen wird in den ersten Urkunden (im Jahre 1340) mit dem
Namen Wernlen erwähnt. Es ist gut möglich, dass im Wallis
sich der Name Werlen an verschiedenen Orten aus einem Wern-Vornamen
entwickelte. Wern-Vornamen entstanden aus dem Vornamen Warin, bzw.
Werin. Der Hl. Guarinus (auch Garinus, germanisiert Warin
oder Werin) war ein Walliser-Bischof (ab
1138. Starb 1150
als
Eremit
in Savoyen).
Quellen: "Ferden
in Lötschental" von Hans Blötzer, Pfarrer in Langnau
von Ferden, Gesellschaft
für deutsche Sprache, Heiligenlexikon
u. a. |
In nicht wenigen Fällen werden aber neue Namensvarianten
auch durch Geschichts- und Familienforscher in die Welt gesetzt, die
- Buchstaben und Kürzungen
in alten Schriften nicht richtig interpretieren. Dies gilt insbesondere
für Namen
in vor 1400 entstandenen Urkunden.
- nicht
beachten, dass vor 1400 vermeintliche Familiennamen, in Wirklichkeit
- oft Vornamen waren.
Familiennamen im heutigen Sinn gab es damals noch nicht!
- oft Beinamen waren (Vorname
eines Vorfahren, Herkunftsbezeichnungen, Berufsbezeichnungen,
Spitznamen), die auch für Personen anderer Familien verwendet
wurden, resp. nicht den Schluss zulassen, dass spätere Generationen
einen gleichen oder ähnlichen Namen trugen
Über weitere Einzelheiten informiert Sie die Deutung des
Namens Zen
Werligen und
der Beitrag Stichwort Wehrli auf der Seite Fragen
u. Antworten. Beachten Sie aber bitte, dass die Beiträge den laufenden
Zufluss neuer Informationen und Erkenntnisse wiederspiegeln und diesbezüglich
nicht jede
Darstellung auf dem neuesten Stand ist oder sich bestimmte Angaben wiederholen.
Wir beabsichten deshalb, gelegentlich alle Darstellungen auf einer Seite zusammenzufassen.
Bis es soweit ist, bitten wir Sie um Ihre Verständis.
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