Typisch Werlen
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Wir freuen uns über jede Anfrage und beantworten sie gerne.
Recht oft werden wir gefragt, woran man den typischen Werlen erkennt? Die meisten
glauben die Antwort zu wissen, weil
sie Ähnlichkeiten zu Ihren Verwandten feststellen. In diesem Zusammenhang
wird oft die Werlen-Nase erwähnt (siehe
Titelbild). Lesen Sie dazu:
A. Vererbungslehre
Jede Heirat reduziert die ursprünglichen Merkmale um durchschnittlich
50%. In der Vererbungslehre geht man davon aus, dass in ca. 10 Generationen
die Gene so durchmischt werden, dass die Merkmale der 1. Generation keine Bedeutung
mehr haben! Zur Illustration:
Der 1869 in Münster geborene Franz Werlen hatte mit seiner Ehefrau Katharina 17 Kinder:
6 Söhne erreichten das Erwachsenenalter. 5 waren grossgewachsen. Der Kleine trat, wie früher oft üblich, in den Dienst der Kirche (da für die Landwirtschaft weniger geeignet). Die Grossen heirateten und hatten insgesamt 15 Kinder:
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Kämpfen-Vorfahrin Heirat 1857 |
Jost-Vorfahrin Heirat 1899 |
Konklusion: Aus der Ähnlichkeit mit Verwandten darf man nicht schliessen, dass auch die Vorfahren so ausgesehen haben - oder die Zugehörigkeit zu einem Stammbaum durch körperliche oder charakterliche Merkmale erkannt werden kann. Eine Ausnahme ist das sogenannte Y-Chromosom. Nur Männer besitzen dieses Chromosom und geben es als genetische Erbinformation (DNA) auf der Vaterlinie weiter. Mit Hilfe spezieller DNA-Analysen kann dann z. B. abgeklärt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass bestimmte Personen, in einem bestimmten Zeitraum, einen gemeinsamen Stammvater hatten.
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B. Vergangenheit
Wer vor 1970 die Heimat unserer Vorfahren besuchte, sah noch die vielen kleinen Äcker und Heuwiesen. Sie entstanden durch das alte Walliser-Erbrecht. Das übertrug einen landwirtschaftlichen Betrieb, nicht wie sonst üblich, auf den ältesten Sohn, sondern verteilte ihn auf alle Kinder. Das hatte zur Folge, dass in der Regel ein neuer, überlebensfähiger Betrieb erst aus dem Erbgut Ehemann+Ehefrau entstand. Wichtig war, dass die zersplitterten Äcker, Heuwiesen, Ställe, Stadel und Speicher beider Erbteile noch zum gleichen Dorf oder zu einem rasch erreichbaren Nachbardorf gehörten. Das wiederum trug dazu bei, dass die Ehepartner unserer Vorfahren fast immer aus dem gleichen Dorf oder aus dem Nachbardorf kamen. Weitere Einzelheiten zum Thema "Erbrecht und Heiratsgewohnheiten" finden Sie im Buch "Blatten im Lötschental" von Fritz Bachmann-Voegelin.
Diese "Inzucht" begann wahrscheinlich schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung dieser Dörfer, resp. vor dem 13. und 14. Jh. und endete ca. 1930. Das Resultat war: Es gab zwar nie typische Werlen; aber sie besassen die typischen Merkmale der damaligen Dorfbewohner.
In der Beilage zum Jahrbuch 1903 des Schweizerischen
Alpenclubs beschreibt ein F.G. Stebler die Gommer als eine besonders gesunde
Rasse, dunkelhaarig, gross und schlank,
sowie auffällig intelligent und reinlich.
Sie seien stille Menschen, arbeitsam, bescheiden
und zuverlässig. Ebenfalls erwähnt er, dass die aus dem
Aushebungsbezirks Goms stammenden Rekruten nicht nur körperlich die
Gesundesten und Grössten
sind, sondern auch die Besten bei der Prüfung der Schulkenntnisse.
Die Ursache dieser Eigenschaften sah er in den örtlichen
Verhältnissen und Lebensgewohnheiten und der sehr gesunden Ernährung.
Anmerkung des Schreibenden: Ich gehe davon aus, dass das Gleiche über
die damals im Lötschental und den Schattenbergen lebenden Menschen
geschrieben werden kann, allerdings waren sie um 1900 statistische Minderheiten
im grossen
Bezirk Raron.
Was die körperlichen und charakterlichen Merkmale betrifft noch der Hinweis,
dass einige Ethnologen den grössten Teil der Bewohner der Täler
(aus denen unsere Vorfahren stammen) zum sogenannten Defregger-Typus zählen.
Diese sind mehrheitlich grossgewachsen, dunkelhaarig und haben u. A. eine
längliche
Nase. Dieser Menschenschlag soll auch in Graubünden, Südtirol, Kärnten
und Oberkrain (Slowenien) verbreitet sein (Dr. Hans Günther, 1922. E.Lubich,
1924).
In der K.u.K. Monarchie galten sie als Hauptkämpfer in den Freiheitsbewegungen
gegen die Franzosen und im 1. Weltkrieg als besonders gute Soldaten.
Zugeschrieben wurde ihnen auch:
Auffällig viele haben musikalische Neigungen / einen
besonderen Sinn für das Schöne / können
gut zeichnen / haben diplomatisches Geschick / sind
einfühlsame Beobachter und talentierte Erzähler.
Negativ vermerkt wurde, dass sie trotz äusserer Ruhe, im Vergleich zu
den
übrigen Landsleuten leicht erregbar, sowie prozess- und rauflustig sind
und bei ungerechter Behandlung, zu Widersetzlichkeit und Meuterei neigen.
Interessant sind für uns auch die 1879 von H.H. Paul Amherd veröffentlichten "Denkwürdigkeiten von Ulrichen" (1982 Faksimile-Ausgabe, Neue Buchdruckerei AG, Visp). Ab Seite 229 beschreibt P. Amherd sehr eingehend die Merkmale seiner Pfarrkinder, u.a.:
Insgesamt lassen P. Amherd's Beschreibungen den Schluss zu, das die damaligen Ulricher mehrheitlich (in der heutigen Terminologie ausgedrückt) "Introvertierte Analytiker" waren. Gemäss P. Amherd waren sie "Melancholiker". Seiner Ansicht nach "die herrschende Seelenform der erhabensten Dichter und Künstler, der tiefsten Denker, der grössten Erfinder, vor allem aber jener Geister, die ihrem Volke den Zugang zu einer obern, seligen Welt des Göttlichen eröffnen". Tatsächlich ist auch noch bei den heute lebenden Werlen der Anteil an untersuchenden, beratenden oder lehrenden Berufen überdurchschnittlich hoch. Dem Zeitgeist entsprechend hat die Anzahl der Gotteslehrer stark abgenommen. Z. Z. dienen 4 Werlen der Katholischen Kirche und einer ist Pastor einer Adventistengemeinde.
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C. Gegenwart
Die heute lebenden Werlen-Generationen sind nicht mehr homogen
(aus Gleichartigen zusammengesetzt). Man findet bei ihnen alle Typen und
Charaktere!
Ein stolzer Werlen-Vater mit seiner Familie, Argentinien
21. Jh.
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